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Liebe Leserin, lieber Leser unseres Gemeindebriefes, 

 

irgendwie wollte es für uns in diesem Jahr im Sommer nicht Sommer werden. Kühle und Regen kreuzte manche Pläne während andere unter  Höchsttemperaturen litten. Gibt es vom Danken weit entfernt für viele immer mehr Anlass zu Sorge und Ärger? 

Beim Einkauf im Supermarkt oder im Straßen-verkehr spüren wir immer wieder Unzufriedenheit, ja Aggressivität. Was ist mit uns los? Nun liegen die Erntedank-Gottesdienste unsrer Kirchgemeinde vor uns. Könnten die hilfreich sein? 

Mit viel Vorbereitung und liebevollem Engagement werden unsere Kirchen mit vielem, was wir zum Leben brauchen, geschmückt werden. Wir freuen uns  darauf. 


Im Psalm 104 heißt es: „Du feuchtest die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffst. Du lasst Gras wachsen für das Vieh und  Saat zu Nutz den

Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz schön werde vom  Öl…“  

Ein Lobpsalm. Für Gottes Schöpfung. Für Brot, Wein und Kosmetik-Öl. Wenn ich lobe, ärgere ich mich nicht. Sondern freue mich mit. Wenn ich Gott lobe, treten berechtigte oder unberechtigte Unzufriedenheit und Ärger in die zweite Reihe, werden im besten Fall nebensächlich. 

Ja, wir bleiben angewiesen auf Lebensmittel. Sie vermitteln uns Leben. Wir leben nicht nur von dem, was unser Magen aufnimmt, sondern auch davon, was wir unserer Seele vorsetzen – bzw. was ihr vorgesetzt wird. Deshalb will uns das Erntedankfest zur Bitte bringen: „Herr,  gib unserer Seele  täglich die Erfahrungen, die wir brauchen, damit wir leben können.“ Wenn wir alles hätten, wenn wir an den Regalen unserer realen und virtuellen Angebotswelt unsere Warenkörbe füllten und ohne finanzielle Sorgen den Button „zur Kasse“ drückten und könnten Gott nicht loben und danken, dann bliebe uns Unzufriedenheit, Ärger und Aggressivität nicht erspart. Wir hätten einen traurigen Lebensstil. Der 104 Psalm ist die Quelle unserer Erntedankgottesdienste. Brot und alles, was wir nötig haben, ist nicht selbstverständlich. Und auch Luxusgüter wie Wein und Kosmetik-Öl gehören zur Lust am Leben, die Gott will. Er will, dass wir das Leben, das er uns geschenkt hat, genießen, uns pflegen und Freude an Schönheit haben. Schönheit an Geist und Körper. 

Der Beter des 104 Psalms kommt darüber zum Singen. Übrigens:  Bei  Wanderungen im Gebirge ist mir bewusst geworden: Die Schönheit der Berge ist ein Verwitterungs-prozess. Die Berge gehen kaputt. Aber sie gehen wunderschön kaputt. Und totes Laub im Herbst strahlt in bunten Farben. 

Selbst dass etwas vergeht, kann uns also Grund zum Loben und Danken werden. 

Ich wünsche uns allen frohe Erntedankfeste. 

Ihr Pfarrer Michael Zemmrich